Mittwoch, 9. November 2011

Gut schimpfen

Allerorten wird sich über die deutsche Neigung, anal zu schimpfen, lustig gemacht. Dabei ist das Exkremente-Fluchen völlig nachvollziehbar. Kacke ist eben eklig und stinkt.

Viel befremdlicher ist da das Schimpfen mit sexuellem Vokabular. Sätze wie „Ich fick dich!“ reflektieren das alte Machtprivileg der Penisträger. Hier wird das Vögeln als Machtdemonstration gedeutet, wobei die Rollen klar verteilt sind. Unangenehm nahe dran an diesem Gedankengang ist auch das homophobe und frauenfeindliche: „Es ist nur schwul, wenn man sich ficken lässt.“ (Ist Homophobie eigentlich notwendigerweise durch Mysogenie bedingt?)

Also lieber anal fluchen. Aber was funktioniert da am besten?

Scheiße: der Klassiker, immer noch hübsch ungehobelt und vulgär, geht immer

Kacke: leicht abgeschwächte Scheiße, bekommt etwas Spielerisches durch die Lautabfolge (2 x K = lustig), macht Spaß

Mist: Harmlos, aber rustikal (lässt einen an den dampfenden Misthaufen auf dem Bauernhof denken, auf dem man damals mal Urlaub gemacht hat)

Mistikack: süß, oder?

Schiet(e): je nach dem, in welchem Umfeld man es benutzt, eventuell etwas schwächer als Scheiße, aber originell durch die regionale Einfärbung (sehr stilvoll auch das wienerische „Geh schaßen!“)

Arsch: wird sehr kreativ eingesetzt: es gibt das passende Adjektiv dazu (arschig), mancher benutzt ihn als Neutrum („Dieses alte Arsch!“), oder man ist faul und degradiertt ihn unverändert zum Adjektiv („Nee, das kann man nicht machen, das ist arsch.“ Aber was wäre dann die Steigerung? Ärscher, am ärschesten?)

Arschloch: präziser als Arsch, vielleicht etwas altbacken, passt aber durch seine Zweisilbigkeit in manchen Sätzen besser als Arsch (Sprachmelodie!)

Popokacke: erstaunlich effektiv, da mit extra Herablassung („Ich benutze eure infantile Ausdrucksweise, damit ihr mich auch versteht.“)

Kinderkacke: Gegenpol zu Popokacke, man will als infantil herabwürdigen, hat dann aber Angst vor der eigenen Courage und benutzt das „erwachseneren“, „gebildeteren“ Wort

Kackscheiße: Scheiße bleibt Scheiße, das wird mit diesem pleonastischem Kompositum auch nicht schlimmer; es wirkt eher hilflos, so als ob man der eigenen Wortwahl nicht traute

Dünnschiss: flutscht genauso aus dem Mund wie aus dem Hintern, das perfekte Wort

(verbaler) Durchfall: die feine englische Art, kann mit gelangweiltem Gesichtsausdruck und nuschelnd vorgetragen optimal herablassend wirken

Dünnpfiff: irgendwie … pfiffig (ha!), aber deutlich schwächer als Dünnschiss

Dass beim Schimpfen noch einiges drin ist, zeigt Stephen Fry.

Lobende Erwähnung: superkackeeklig

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