Sonntag, 30. Oktober 2011

Tabeas Ohrclips

Wenn ich an Tabea denke, sehe ich ihr Kinderzimmer vor mir. Obwohl es genauso geschnitten war wie das, das ich mit meinem Bruder teilte, wirkte es viel größer. Vielleicht lag es an der fast unüberschaubaren Menge an Spielsachen, die in den Regalen lagen oder über den Boden verteilt waren. Wenn ich an Tabeas Kinderzimmer denke, kommt mir sofort Hubbabubba in den Sinn. Viel größer als ein normales Kaugummi – es strengt an, es zu kauen –, süßer, bunter, und man kann die besten Blasen damit blasen.
Tabea hatte ungefähr doppelt so viele Spielzeugautos wie mein Bruder und ich. Polizeiauto, Feuerwehrauto, Lastwagen, Krankenwagen, BMW, Mercedes, VW, amerikanische Straßenkreuzer. Alles in einer weißen, oder jedenfalls einer hellen Kiste. Außerdem eine Ukulele aus Plastik, verschiedene Tröten, ein Glockenspiel. Puppen, Stofftiere, Actionfiguren. Die Kiste war randvoll.
Aus den Augenwinkeln beobachtete ich Tabea und als ich meinte, dass sie ganz woanders hinschaute, legte ich die rosa Plastikohrclips, die ich ihr vor ein paar Monaten geklaut hatte, in die weiße Kiste. Mir war plötzlich warm geworden, doch ich tat so, als wäre nichts passiert. Tabea griff in die Kiste, um ihren schicken Oldtimer herauszuholen, und entdeckte die Ohrclips. Sie nahm sie in die Hand und schaute sie verwundert an. Dann änderte sich ihr Gesichtsausdruck, ihre Augen verengten sich. Sie zögerte ein wenig und dann legte sie die Ohrclips, stumm und ohne mich anzuschauen, zurück in die Kiste. Auch später hat sie mich nie auf diesen Vorfall angesprochen.

Mina

Ihr Stammhirn machte kurzzeitig eine Pause. Für diesen Zeitraum, vielleicht der Bruchteil einer Sekunde, der ihr wie der Übergang vom Trias über Jura zur Kreidezeit schien, kamen ihre wichtigsten Lebenserhaltungssysteme, darunter Atmung und Herzschlag, zum Erliegen. Sie stand einfach da, aufrecht und unbewegt wie das Empire State Building und konnte nur starren. Fast brach ihr der Angstschweiß aus, da sie sich sicher war, dass der Anblick ihrer aus den Höhlen wandernden Augen für die umstehenden Personen äußerst faszinierend sein musste.
Dann war es vorbei, so plötzlich wie es gekommen war. Alle Systeme meldeten reibungslosen Betrieb. Nachdem sie ihre optischen Wahrnehmungsapparate wieder einsortiert hatte, zwang sie ihren Blick noch einmal auf die Treppe, von der er gekommen war, doch er, der sie beinahe außer Gefecht gesetzt hatte, fast ihren Auftrag vereitelt hätte, war schon in der ausgelesenen Partygesellschaft verschwunden. Nicht weiter tragisch, sie würde ihn früher oder später wiederfinden, und dann würde sie es sein, die wie von einem Blitz auf die Erde geschleudert vor ihm auftauchen würde.
Vorsichtshalber rekapitulierte sie den Plan noch einmal. Es konnte nichts mehr schief gehen, er war schon jetzt so gut wie tot. Nelson, dachte sie, was für ein aufgeblasener Name. Doch sie konnte nicht verhindern, dass sich in ihre Verachtung eine Spur Unsicherheit mischte. Bisher hatte es sie geschafft, die Funktionsstörung geheimzuhalten. Aber was, wenn sie im letzten Augenblick entdeckt würde, etwa durch ein zu auffälliges Zögern? Oder wenn sie sogar funktionsunfähig würde im entscheidenden Moment? Wenn sie zurückgerufen würde, wären Monate mühevoller Planung umsonst gewesen. Und was würde dann mit ihr geschehen? Sie war im Prinzip für nichts anderes zu gebrauchen, und eine Reprogrammierung wäre aufwendiger als eine Neukonstruktion.
Doch vielleicht würde alles gutgehen. Wahrscheinlich war es sogar normal, dass Androiden unsicher waren vor ihrer Funktionserfüllung. Schließlich war dies das Ziel, auf das sie ausgerichtet wurden, der Sinn ihres Daseins. Es kam ein erhebender Moment auf sie zu, da hatte sie keinen Zweifel.
Urplötzlich, wie der Springteufel aus der Kiste, fing sie am ganzen Körper an zu zittern: Was kam danach? Was würde geschehen, wenn sie ihren Zweck erfüllt hätte?
Ihr schwindelte, und fast wäre sie gefallen, hätte sich nicht ein Arm stützend um ihre Taille gelegt.
Mina, ist Ihnen nicht gut?“
Es war Nelson. Er führte sie zu einem Sofa und setzte sich mit ihr hin.
Für einen Moment sahen Sie aus wie der Tod persönlich.“
Mina blickte zu ihm auf und sah ihm konzentriert in die dunklen Augen. Diese Augen waren es, die das Problem verursacht hatten. Sie sind also blau, dachte Mina befriedigt. Sie lächelte ihr präzise kalkuliertes Lächeln und merkte, dass wenigstens dieser Teil nach erwünschten Parametern funktionierte.
Es geht mir schon viel besser.“
Sie schloss die Augen und starb.

Donnerstag, 27. Oktober 2011

Internet-Dialoge I

 Star Trek vs. Star Wars

 
… noch ein gutes Argument für Star Trek

Ich gucke mir auf YouTube ein „Star Trek vs. Star Wars“-Filmchen an und kichere vergnügt vor mich hin. Cheffe kommt dazu.

Er: „Was guckst du denn da?“
Ich: „Star Trek vs. Star Wars.“
Er: „Sind die da auf 'nem Schiff?“
Ich: „Äh … ja.“
Er: „Ist das im Weltraum?“
Ich: „Ja, das ist im Weltraum.“
Er: „Sind die da in der Zukunft?“
Ich: „Naja, das eine ist in der Zukunft, das andere in der Vergangenheit. Das ist ein Zusammenschnitt von zwei verschiedenen Sachen.“
Er: „Und du hast beide Filme gesehen?“
Ich: „Das eine ist 'ne Filmreihe, das andere ist 'ne Serie – es gibt da aber auch Filme von.“
Er: „Worum geht’s denn da?“
Ich: „Das muss man kennen, sonst ist es nicht lustig.“
Er: „Erklär doch mal!“
Ich: „Das kann man nicht erklären, das muss man kennen!“
Er: „Aber du kannst doch so geduldig erklären ...“
Ich: „Das kann man nicht erklären!“
Er: „Auch nicht, wenn du dir Mühe gibst?“
Ich: „Nein!“

Ich schließe entnervt den Browser.